Bedienungsanleitung: RFT-Stereo-Compressor

Mit dem Stereo-Kompressor können natürlich auch Mono-Tonspuren bearbeitet werden. Das besondere ist aber, dass der Kompressor bei Stereo-Tonspuren das Panorama-Verhältnis beachtet und beide Stereo-Kanäle im gleichen Verhältnis zueinander komprimiert. Schallquellen in der Panorama-Mitte befinden sich also auch nach der Kompression noch in der Mitte. Somit ist es möglich bereits fertig abgemischte Stereo-Aufnahmen (Schallplatten und CDs) zu komprimieren.

Da Audacity Nyquist keine Vorhör Funktion besitzt benutzt der Kompressor im Analyzer Modus die Wellenformanzeige der Tonspur als Anzeigeinstrument. Man kann den Kompressor also nach Optik aussteuern.


 1. "Projekt > Audio importieren"


Erstmal mit "Projekt > Audio importieren" eine Tondatei reinladen und markieren. Dazu am Besten im Spurkopf vorne irgenwo hinklicken wo keine Schalter und Regler sind. Die komplette Tonspur bekommt dann eine andere Farbe und Audacity weiss jetzt wo wir arbeiten wollen.


 2. "Effekt > RFT-Stereo-Compressor"


Wenn die Tonspur markiert ist im Effekt-Menü auf "Effekt > RFT-Stereo-Compressor" gehen.

Im Fenster "RFT-Stereo-Compressor" zuerst den untersten Regler von Compress (1) auf Analyze (0) umstellen und dann auf OK klicken. Audacity berechnet jetzt die Kompressionskennlinie und zeigt deren Verlauf anschliessend in der oberen Hälfte der Tonspur.

In der unteren Hälfte der Tonspur wird das Mono-Kompatibilitäts-Verhältnis (der Korrelationsgrad) der Stereo-Tonspur dargestellt. Was der Korrelationsgrad ist werde ich ganz unten noch genauer erklären. Wichtig ist momentan nur die obere Hälfte.

Werden mit dem Kompressor Mono-Tonspuren bearbeitet, wird nur die Kompressionskennlinie (der obere Teil) dargestellt. Alle weiteren Bearbeitungsschritte sind grundsätzlich die Gleichen wie bei der Bearbeitung von Stereo-Tonspuren.


 2.1. Threshold


Am schwierigsten ist es normalerweise, die richtige Einsatz-Schwelle (Threshold) des Kompressors zu finden. Mit einer optischen Anzeige ist das aber zum Glück kein grösseres Problem.

Beim Einstellen der Einsatz-Schwelle (Threshold) muss man wissen, dass ein Kompressor mit dem inneren, hier hellblauen Teil der Tonspur arbeitet. Dieser Teil der Tonspur entspricht dem Wert, den wir auch als "Lautstärke" mit unseren Ohren hören.

Der Threshold-Wert ist aus diesem Grund am Ende meist viel niedriger als man dies am Anfang angenommen hat, deshalb liegt auch der Voreinstellungswert bei "nur" 10 Prozent. Meist stimmt er sogar, trotzdem lieber vorher ausprobieren.

Wenn die obere Spur unten "angefressen" ist wie in diesem Beispiel dann ist der Threshold-Wert zu niedrig eingestellt. Wenn die ganze Spur dagegen "im Boden versinkt", ist der Threshold-Wert zu hoch eingestellt. Wie das aussieht wenn er richtig eingestellt ist kann man sich in den folgenden Beispielen unter "Ratio" anschauen.

Wichtig: Um die Einstellungen zu wiederholen muss man zuerst mit "Bearbeiten > Rückgängig" den Effekt wieder rückgängig machen. Audacity hält unsere Anzeige nämlich wirklich für eine Tonspur und benutzt sie sonst als Grundlage für alle weiteren Berechnungen.

Auch bitte nach Möglichkeit die Anzeige nicht über die Lautsprecherboxen abspielen, es kann im Extremfall sogar passieren, dass hierdurch einzelne Lautsprecher zerstört werden (Das ist zwar zugegebenermassen sehr unwahrscheinlich, aber ich habe das hiermit gesagt. Beschwert euch also bitte nicht bei mir wenn eure Lautsprecherboxen hinterher kaputt sind).


 2.2. Ratio


Ratio ist der Kompressionsgrad. Hier kann man einstellen wie stark die Tonspur "zusammengequetscht" werden soll.

Im ersten Bild ist der Kompressionsgrad (Ratio) ziemlich niedrig eingestellt. Das muss nicht unbedingt schlimm sein, bei Radio-Produktionen ist es jedoch meist wünschenswert, den Dynamikbereich so gut es eben geht auszunützen, denn der Aussteuerungsbereich einer Rundfunk-Übertragungsstrecke ist im allgemeinen erheblich kleiner als der einer CD weil die Störgeräusche viel grösser sind.

Im zweiten Bild ist der Kompressionsgrad (Ratio) viel zu hoch eingestellt. Man sieht das daran, dass die Spur oben bereits "übersteuert". Da der Kompressor sehr schnell arbeitet, kann es bei zu hoher Kompressinsrate sogar passieren dass "Löcher im Ton" (Aussetzer) entstehen weil der Kompressor bis auf Null (Stille) komprimiert.

Im dritten Bild kann man sich noch einmal anschauen wie es aussieht wenn Einsatz-Schwelle (Threshold) und Kompressionsgrad (Ratio) richtig eingestellt sind. Dass einzelne Spitzen im der oberen Teil der Spur die Aussteuerungsgrenze berühren ist nicht weiter schlimm, solange sie nur sehr kurz sind hört man das normalerweise nicht. Im Zweifelsfall gilt natürlich nur das, was man selber mit eigenen Ohren hört, deshalb werden wir das jetzt gleich nachkontrollieren. Vorher aber noch was zu den:


 2.3. Attack / Release Zeiten


Hier kann man die Geschwindigkeit einstellen, mit der der Kompressor leiser und lauter regeln soll. Je kürzer die Zeit, desto höher die Geschwindigkeit. Bei kürzeren Zeiten (höheren Geschwindigkeiten) klingt der Kompressor aggressiver und härter, bei längeren Zeiten (langsamen Geschwindigkeiten) klingt der Kompressor ruhiger und wärmer.

Da der Kompressor sehr schnell arbeitet können bei sehr kurzen Zeiten hörbare Verzerrungen auftreten. Da diese den Verzerrungen des menschlichen Ohres bei hohen Lautstärken sehr ähnlich sind merkt man das vor allem daran, dass sich auf einmal alles "sehr anstrengend" anhört. Bei sehr kurzen Zeiten und hohen Kompressionsraten entsteht ein Effekt ähnlich wie bei einem Megafon.

Da die genaue Einstellung der Kompressionszeit hauptsächlich eine Geschmacksfrage ist hilft da leider nur ausprobieren.

Da aber alle Regler unabhängig voneinander sind ist das zum Glück kein grösseres Problem. Wenn Einsatz-Schwelle (Threshold) und Kompressionsrate (Ratio) einmal eingestellt sind kann man alle möglichen Kompressionszeiten ausprobieren ohne sich um die anderen beiden Regler zu kümmern. Erst wenn man eine neue Datei reinlädt ("Projekt > Audio importieren") geht das ganze Spiel wieder von vorne los. Jetzt wollen wir aber endlich mal was komprimieren:


 3. Kompressor umschalten


Nicht vergessen: Bevor wir die Tonspur komprimieren müssen wir erst alle Einstellungs-Probeläufe wieder rückgängig machen, wir brauchen also die Original-Stereo-Tonspur von ganz am Anfang.

Dann wieder: erst die Spur markieren und danach auf "Effekt > RFT-Stereo-Compressor" gehen:

Jetzt den untersten Regler von Analyze (0) auf Compress (1) umschalten und danach auf OK klicken.


 4. Nach dem Komprimieren


Nach dem Komprimieren ist unsere Tonspur erheblich zusammengeschrumpft. Die Spitzen erreichen nicht einmal mehr die Aussteuerungsgrenze. Man könnte jetzt "Effekt > Verstärken > kein Clipping erlauben" anwenden um die Tonspur wieder auf Maximalpegel zu bringen, dann würden jedoch immer noch ca. 10 Prozent der Aussteuerung verschwendt werden weil "kein Clipping erlauben" versucht die Signalspitzen zu erhalten.

Wie man im Bild sehen kann besteht die Tonspur ab einem Wert von ca. +/- 0.7 aber nur noch aus Signalspitzen. Wenn wir die Tonspur jetzt einfach soweit verstärken, dass die Spitzen oben und unten abgeschnitten werden entstehen dabei hässliche digitale Kratzgeräusche. Was wir in so einem Fall brauchen ist ein Limiter.


 5. RFT-Broadcast-Limiter


Der Limiter schneidet zuerst mal alle Signalspitzen über dem eingestellten Schwellenwert ab. Dabei "rundet" er die "rechtwinkligen" Schnittkanten ab um so die hässlichen Digital-Übersteuerungs-Geräusche so weit es geht zu vermeiden. Gleichzeitig wird die Tonspur dabei auf Maximum verstärkt (normalisiert).

Also erst wieder die Spur markieren, dann auf "Effekt > RFT-Broadcast-Limiter" gehen,

dann den Limiter auf die gewünschte Schnittkante einstellen und auf "OK" klicken.


 6. Fertig


Danach sollte das Ergebnis ungefähr so aussehen:

Es klingt gleichmässiger und ca. doppelt so laut wie das Original.

Wenn es doch nicht so klingt wie man sich das vorgestellt hatte kann man zum Glück die letzten beiden Schritte einfach wieder rückgängig machen und mit anderen Werten nochmal probieren. Alle Nyquist Module können sich ihre Regler-Werte "merken".


 7. Was war das jetzt mit Korrelationsgrad und Mono-Kompatibilität ?


Also nochmal zurück zum letzten Analyzer Bild bevor wir komprimiert haben:

Das Signal in der unteren Hälfte der Tonspur ist das Differenzsignal beider Kanäle oder auf deutsch: der Unterschied zwischen den beiden Stereo-Kanälen.

Je grösser dieser Unterschied ist, desto eindrucksvoller ist der Stereoeffekt aber genauso gross ist auch die Gefahr erheblicher Klangverfälschungen bei Mono-Wiedergabe. Die Mono-Kompatibilität ist aber bei Radio-Produktionen nach wie vor ein wichtiger Aspekt und zwar aus einem ganz einfachen Grund: ca. 70 bis 80 Prozent aller Radios sind nach wie vor billige Mono-Radios.

Wenn man also mit seiner Radiosendung einen möglichst grossen Hörerkreis erreichen will sollte man darauf achten dass alles auch auf Mono gut klingt.

Hier kann man sofort sehen ob man sich um die Mono-Kompatibilität des jeweiligen Musikstücks Gedanken machen sollte.

Da die Mono-Kompatibilität einer Stereoaufnahme z.B. bei Musik von einer CD von uns aber sowieso nicht mehr geändert werden kann ist diese Spur eine reine Orientierungshilfe.

Die Tonspur mit dem wir die ganze Zeit gearbeitet haben ist übrigens ein gutes Beispiel für besonders schlechte Mono-Kompatibilität. Die Aufnahme stammt von einer handelsüblichen CD vorgesehen für Wiedergabe über eine Hifi-Anlage.

Als Gegenbeispiel unten der Korrelationsverlauf eines TV Promo Edits vorgesehen für Fernsehausstrahlung.

Bei einer Stereo-Tonspur bestehend aus zwei identischen Mono-Signalen (z.B. bei Aufnahme mit einem Mono-Mikrofon in einer Stereo-Spur) gibt es keinen Unterschied zwischen beiden Spuren und es erscheint hier nur ein flacher Strich.

Was sich vielleicht zu wissen lohnt: es gibt eigentlich von jeder Plattenfirma zu Werbungs-Zwecken hergestellte "Radio Edits", die extra für Radio- und Fernsehproduktion auf Mono-Kompatibilität abgemischt wurden. Einfach mal anrufen und fragen.

Der Korrelationsgrad beschreibt die Übereinstimmung von rechtem und linkem Kanal einer Stereoaufnahme. Je grösser der Korrelationsgrad, desto besser ist die Mono-Kompatibilität.


Letzte Änderung - 07. Mai 2005 - edgar-rft