Warum können MP3-Dateien von Audacity nicht direkt bearbeitet werden? - Mit MP3DirectCut geht's doch auch...

  • Bei MP3 handelt es sich um ein komprimiertes Audioformat (zu Audioformaten allgemein siehe auch: http://audacity.fuchsi.de/526).


    Audacity muß, wie auch andere Audio-Editoren (z.B. CoolEdit, GoldWave), komprimierte Audio-Daten zunächst in ein unkomprimiertes Format umwandeln. Der Grund dafür ist, dass andernfalls nur sehr eingeschränkte Bearbeitungsmöglichkeiten geboten würden.


    Ein Beispiel dafür ist MP3DirectCut. Damit können MP3- und MP2-Dateien geschnitten werden, ohne dass diese zunächst "importiert" werden müssen. Da diese Formate ihre Daten aber in sog. Frames abspeichern, kann nur an deren Grenzen geschnitten werden. Bei einer Abtastrate von 48 kHz bedeutet das alle 24 ms, bei 44.1 kHz alle 26,12 ms. Genauer geht nicht! Dabei entstehen in der Regel an den Schnittgrenzen zu allem Überfluß noch defekte Frames, weil das Bitreservoir auf der "anderen" Seite ist und damit nicht verfügbar.


    Prinzipiell kann auch die Lautstärke in gewissen Grenzen verändert werden, allerdings nicht stufenlos wie mit Audacity, sindern nur in Schritten von 1,5 dB. Bei MP3 ist das einfacher, dort wird pro Frame nur 1 Byte (global_gain) geändert, während beim MP2 -Format für jedes verwendete Teilband jeweils ein 6 bit langer Skalenfaktor angepasst werden muss. Deshalb erlaubt MP3DirectCut Lautstärkeänderungen auch nur bei MP3.


    Audacity schneidet wie alle Audio-Editoren Sample-genau. Lautstärkeänderungen sind wesentlich feinfühliger möglich. Außerdem kann Audacity den Audio-Daten Effekte hinzufügen (z.B. Hall, Equalizer usw.) Das funktioniert nur mit Rohdaten. Eine komprimierte (datenreduzierte) Datei (MP3, OGG) muß deshalb für den Import wie bei allen anderen derartigen Programmen in Rohdaten umgerechnet werden.


    Vorsicht! Die Tatsache, dass Audacity die Daten beim Import in Rohdaten umwandelt, hat zur Folge, dass beim Export in ein komprimiertes Format (MP3) die Kodierung neu erfolgen muss. Durch dieses sog. "Re-Encoding" entstehen zusätzliche Qualitätsverluste. Deswegen sollte man aus Qualitätsgründen grundsätzlich zunächst bei allen Bearbeitungsschritten (z.B. Aufnahme, Rippen von CD, Schneiden, Hinzufügen von Effekten) mit unkomprimierten Formaten (wie z.B. WAV oder AIFF) arbeiten. Erst das fertige Endprodukt kann man dann als MP3 speichern.


    Abschließend sei noch gesagt, dass durch dessen weite Verbreitung MP3 oft gleichbedeutend mit "Musikdatei" verwendet wird. Viele meinen deshalb, dass man Musik "am Besten" als MP3 abspeichert, so wie man z.B. Texte als Word-Dokument abspeichert. Die Verwendung von MP3 macht aber nur dann Sinn, wenn es wirklich auf die kleine Größe der Datei ankommt (z.B. beim Verschicken der Dateien per Email). In allen anderen Fällen sollte man MP3 und andere verlustbehaftete Komprimierungsverfahren meiden und lieber etwas größere Dateien (z.B. WAV) in Kauf nehmen. Sehr interessant sind in diesem Zusammenhang auch verlustlose Komprimierungsverfahren wie z.B. FLAC (http://flac.sourceforge.net/). Diese sind in der Lage, Audio-Daten zu verkleinern, ohne die Qualität zu mindern. Leider kann Audacity momentan FLAC (noch) nicht direkt einlesen und ausgeben.


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    Ein herzliches Dankeschön an Sunhillow, der den Großteil dieses Beitrags formuliert und für das Audacity-Forum zur Verfügung gestellt hat.

  • ... mittlerweile (vers. 1.3.3) kann audacity auch flac im- und exportieren ...


    und: wer - wie oben beschrieben - audiodateien "einfach nur zerteilen" will musste bislang auf mp3directcut unter windows zurückgreifen. mittlerweile gibt es jedoch ein interessantes open-source-projekt in eine ähnliche richtung: mp3splt (http://mp3splt.sourceforge.net/)


    - schneidet mp3 und ogg
    - läuft unter linux/mac/win
    - grafische oberfläche
    - funktioniert schön, aber derzeit (4/2007) noch frühes entwicklungsstadium


    andreas


    [Blockierte Grafik: http://mp3splt.sourceforge.net/mp3splt_page/screenshots/thumb.mp3splt-gtk_0.3_gnu_linux.png]