Sprachaufnahmen bearbeiten - Nach Kompression und Bass/Höhen starke Ausschläge

  • Hallo und guten Tag,


    ich nutze seit einigen Monaten Audacity.
    Ich spreche mit meinem Rode NT1A verschiedene Texte.
    Das Mikrofon nimmt gut und so gut wie rauschfrei auf, aber die Aufnahme ist ziemlich leise.
    Daher habe ich im allgemeinen folgende Vorgehensweise:
    - Erst eine Kompression, dann über Bass/Höhen die Bässe reduziert und die Höhen verstärkt.
    Mit dem Equalizer habe ich keine wirklich guten Einstellungen gefunden. Bin da wohl zu ungeduldig...


    Was jetzt problematisch ist, die Spur ist jetzt ausgeschlagen und hat einige Übersteuerungen.
    Auch der Versuch, statt Kompression einfach zu verstärken, hat daran nicht wirklich etwas geändert.


    Ich habe das Gefühl, das dieses Verhalten seit Windows 10 verstärkt ist. Da kann ich mich aber irren.


    Hat von Euch einer einen Tipp, wie ich die Sprachaufnahmen besser verstärkt bekomme oder worauf ich achten sollte?


    Vielen Dank für Eure Geduld,
    kamaerja

  • Zitat von kamaerja

    Ich spreche mit meinem Rode NT1A verschiedene Texte.
    Das Mikrofon nimmt gut und so gut wie rauschfrei auf, aber die Aufnahme ist ziemlich leise.


    Wie kommt das Mikrofonsignal denn in den PC / zu Audacity? Soll heißen: Welches Audio-Interface ist da denn am Start?

  • Okay - das ist ja an sich eine unverdächtige Kombination, die zunächst mal keine Probleme bereiten sollte (das war jedenfalls mein erster Gedanke und Ansatzpunkt).


    Eine Recherche ergab jedoch, dass es auch für Windows 10 einen aktualisierten Treiber von Steinberg gibt, wenngleich es da ebenso positive wie negative Erfahrungen mit zu geben scheint (siehe dazu vor allem den letzten Eintrag im entsprechenden Thread).


    Am meisten irritiert mich ja folgendes:


    Zitat von kamaerja

    Das Mikrofon nimmt gut und so gut wie rauschfrei auf, aber die Aufnahme ist ziemlich leise.


    Bei dem hohen Output dieses wahrlich rennomierten Mikrofons würde ich die Ursache woanders suchen - ich denke schon, dass Du ganz bequem bis zu 0 dBFS aufnehmen kannst. Alles andere würde mich stark wundern.


    Zitat von kamaerja

    Daher habe ich im allgemeinen folgende Vorgehensweise:
    - Erst eine Kompression, dann über Bass/Höhen die Bässe reduziert und die Höhen verstärkt.
    Mit dem Equalizer habe ich keine wirklich guten Einstellungen gefunden. Bin da wohl zu ungeduldig...


    Über diesen Workflow kann man sicher diskutieren; aber Du wirst schon Deine Gründe haben. Hier lässt sich sicher noch das ein oder andere optimieren. Ist denn die Kompression wirklich zwingend notwendig? Wenn ja, warum und vor allem: Wie viel?
    Ich meine, da hast Du schon so ein hervorragendes Mikrofon, und dann klaust Du wieder was aus der Aufnahme...


    Zitat von kamaerja

    Was jetzt problematisch ist, die Spur ist jetzt ausgeschlagen und hat einige Übersteuerungen.
    Auch der Versuch, statt Kompression einfach zu verstärken, hat daran nicht wirklich etwas geändert.


    Na ja... es ist ganz allgemein nicht empfehlenswert, auf 0 dBFS zu verstärken. Begründung: Es ist nicht ganz auszuschließen, dass es zu (rein rechnerischen, aber kaum hörbaren) Übersteuerungen kommen muss, wenn man den Pegel sinnbildlich vor die Wand fährt. Im digitalen Zeitalter gibt es eben nun mal keine Aussteuerungsreserve mehr, bei 100% ist definitiv Schluss.
    Es kann sogar sein, dass manche Player sauber ausgepegelte 0 dBFS trotzdem als Übersteuerung auslesen, wie ich neulich las. Nach vielen Hörproben und gezielter Pegelreduzierung bin ich übrigens auch der Meinung, dass ein Vollpegel gar nicht so sinnvoll ist.


    Ein wenig Headroom sollte man da schon lassen; mindestens jedoch -1 dBFS. Der Rest ist Geschmackssache. Das kann man mit Audacity übrigens hervorragend einpegeln.


    Zitat von kamaerja

    Ich habe das Gefühl, das dieses Verhalten seit Windows 10 verstärkt ist. Da kann ich mich aber irren.


    Das wird Dir jemand anderes beantworten müssen. Für Steinberg habe ich Dir ein Diskussionsforum gezeigt; was Audacity betrifft, kann ich da nicht mithalten - ich arbeite noch mit Windows 7.


    Zitat von kamaerja

    Hat von Euch einer einen Tipp, wie ich die Sprachaufnahmen besser verstärkt bekomme oder worauf ich achten sollte?


    Ja, gerne, nur sprengt das den Rahmen des Forums hier und außerdem mache ich so etwas lieber im direkten Dialog und mit Sprech- und Hörproben.
    Rein technisch solltest Du, Audacity betreffend, auch hier so vorgehen wie es jeder (!) Tontechniker / -ingenieur / -meister grundsätzlich mit Manipulationen des O-Tons hält:


    So viel wie nötig,
    so wenig wie möglich.


    Gruß, Uli

  • Hallo Uli,


    vielen Dank für Deine Ausführungen. Obwohl einiges davon mir nicht klar ist.
    Das die Aufnahmen mit dem Rode leise sind ist mir vollkommen unklar.
    Ich habe gerade noch einmal eine Testaufnahme mit Audacity gemacht.
    Auf dem Steinberg ist der Input Gain zu etwa 2/3 aufgedreht. Höheres Aufdrehen führt zu höherem Rauschen, habe ich bemerkt.
    Die Aufnahme mit dem Rode hat in der Tonspur eine Anzeige von etwa einem Millimeter Höhe.


    Mit dieser Aufnahme habe ich jetzt nach einer Alternative zum Kompressor gesucht.
    Eine Überraschung: der Normalisierer hat zu einer deutlichen Verstärkung geführt.
    Ich werde jetzt einmal ein paar Stücke damit überarbeiten. Habe mir zum Glück angewöhnt alle Aufnahmen auch in der Urform zu speichern.


    Ich werde berichten.


    Viele Grüße,
    Karl




    Viele Grüße,
    Karl

  • Hallo Karl,


    unterteilen wir das ganze mal in einen Audacity-Teil und einen OT-Teil.


    1. Audacity


    Zitat von kamaerja

    Die Aufnahme mit dem Rode hat in der Tonspur eine Anzeige von etwa einem Millimeter Höhe.


    Mit der Aussage lässt sich reichlich wenig anfangen, weil es nichts aussagt über Bildschirmauflösung, vertikale Anpassung / Höhe der Tonspur, Skalierung.... Du wolltest damit wahrscheinlich sagen: Weniger als erwartet und überraschend dünn.


    Zwei Dinge solltest Du überprüfen:
    * Den Aufnahme-Input bei Audacity (bei manchen Interfaces kann man den Regler nicht ändern, bei manchen wiederum doch).
    * Das Steinberg-Panel gemeinsam mit dem Windows Lautstärkemixer. Ist da eine nicht sofort sichtbare Bremse drin?


    Wenn das alles nichts bringt, ist Audacity da raus und wir müssen das in Punkt 2. abhandeln.


    Zitat von kamaerja

    Mit dieser Aufnahme habe ich jetzt nach einer Alternative zum Kompressor gesucht.
    Eine Überraschung: der Normalisierer hat zu einer deutlichen Verstärkung geführt.


    Nicht wirklich eine Überraschung: Eine Normalisierung / Verstärkung (nur geringe Unterschiede) ist etwas grundsätzlich anderes als eine Kompression. Ich hoffe, das müssen wir jetzt nicht auseinanderklamüsern. Oder doch?


    Zitat von kamaerja

    Habe mir zum Glück angewöhnt alle Aufnahmen auch in der Urform zu speichern.


    Eine ausgezeichnete Idee, die man immer wieder aufs neue betonen sollte. Danke für den Hinweis - auch im Namen aller anderen Mitleser.


    2. Aufnahmetechnik vor Audacity


    Zitat von kamaerja

    Das die Aufnahmen mit dem Rode leise sind ist mir vollkommen unklar.


    Prima, dann sind wir schon zu zweit. Denn das überrascht mich jetzt doch etwas. Da müsste man mal die komplette Aufnahmetechnik mit dem gesamten drumrum bis ins Detail analysieren.
    Das sprengt jedoch den Rahmen des Forums; hier kann ich nur den direkten Kontakt anbieten.


    Zitat von kamaerja

    Auf dem Steinberg ist der Input Gain zu etwa 2/3 aufgedreht. Höheres Aufdrehen führt zu höherem Rauschen, habe ich bemerkt.


    So weit??? 8-(
    Und dann auch noch Rauschen? Jetzt wird der alte Mann aber arg misstrauisch.
    Hast Du mal nur das Rauschen aufgenommen und durch die Frequenzanalyse laufen lassen? Aua.... :huh:


    - - - vollkommen OT - - -
    Habe für zwei Nächte ähnlich empfindliche Kleinkondensatoren von Røde zum Test geliehen bekommen, werde damit mal experimentieren.
    Bin sehr gespannt...
    - - - end - - -


    Gruß, Uli

  • Nachtrag:


    Mir hat die zu leise Aufnahme (ja, kein Problem von Audacity, man verzeihe mir das OT) einfach keine Ruhe gelassen.


    Zitat von kamaerja

    Das die Aufnahmen mit dem Rode leise sind ist mir vollkommen unklar.
    Ich habe gerade noch einmal eine Testaufnahme mit Audacity gemacht.
    Auf dem Steinberg ist der Input Gain zu etwa 2/3 aufgedreht. Höheres Aufdrehen führt zu höherem Rauschen, habe ich bemerkt.
    Die Aufnahme mit dem Rode hat in der Tonspur eine Anzeige von etwa einem Millimeter Höhe.


    Bei allem gebotenen Respekt: Das muss woanders klemmen.
    Du solltest Dir mal die gesamte Aufnahmekette - und das bezieht ausdrücklich den Computer und seine Anschlüsse mit ein - überprüfen.
    Alles.
    Wirklich absolut alles.
    Hardware und Software, die gesamte Peripherie. Irgendwo ist da der Wurm drin.


    Aus dem Bauch heraus schließe ich Audacity als Fehlerursache aus.
    Klar, man kann mit Audacity an der zu schwachen Aufnahme herumschrauben, unbestritten, und da können wir Dir sicher auch einige Tipps geben, aber das halte ich letztlich für den falschen Ansatz.


    Begründung:
    Ich habe gerade, spontan, eine Probeaufnahme gemacht - mit zwei Røde Kleinmembranern (M3 und M5) auf einer variablen Stereoschiene. Ihre Leistungsdaten sind nicht besser als die des NT1-A. Als Interface diente die Scarlett 2i2 von Focusrite - also durchaus vergleichbare Bedingungen.


    Das Ergebnis ist alles andere als eine dünne, zu leise Linie (siehe angehängten Screenshot). Gesprochen habe ich einen Zeitungsartikel in Zimmerlautstärke bei einem Mikrofonabstand von ca. 20 cm. Nicht unbedingt optimal, aber zum Vergleich reicht es.
    Die (getrennte) Verstärkung der beiden Mikrofone auf einen Spitzenwert von -1 dB ergab Werte von +4,8 bzw. +4,2.


    Es ist kaum vorstellbar, dass das NT1-A hier deutlich schlechter abschneiden sollte als seine technisch schlechteren und vor allem günstigeren Kollegen aus dem gleichen Hause.
    Schon in der Originalaufnahme weist die Frequenzanalyse einen Pegel von -60 bis -40 dB in den unteren Mitten auf (das ist meiner Stimmlage geschuldet), also sehr gut hörbar. Du solltest mindestens auf ein vergleichbares Ergebnis kommen - und spätestens jetzt dämmert es vermutlich auch Dir, dass da etwas nicht stimmen kann. :scared:


    Zum Schluss noch etwas zum Rauschen: Ja, auch bei mir gibt es ein Rauschen - und wenn Du Dir die verlinkten technischen Daten anschaust, siehst Du auch, woher die Unterschiede kommen.
    Aber: Die Frequenzanalyse weist mir den höchsten Pegel bei 5 Hz (!) mit -54 dB aus, und das ist bei der Frequenz ganz knapp oberhalb der Hörschwelle; gleiches gilt für einen Peak von -89 dB bei 230 Hz.


    Ganz ehrlich: Wenn beim Abhören der Aufnahmen bei mir etwas rauscht, dann ist es der weit aufgedrehte Kopfhörerverstärker in der Focusrite Scarlett - denn der ist, im Gegensatz zu den Mikrofonvorverstärkern, leider nicht so gut.


    Betrachte das bitte als Anregung, den Fehler am Anfang der Aufnahmekette zu suchen. Gerne helfe ich Dir dabei auch direkt (im Gespräch), aber habe bitte Verständnis, dass das Forum nicht alle Aspekte des Homerecordings abfrühstücken kann.

  • Hallo,
    ein Gespräch mit einem Tontechniker hat einen entscheidenden Hinweis gebracht.
    Da sehe ich auch dass ich nicht eben Profi bin in Sachen Audio.
    In den Einstellungen des Yamaha Steinberg USB Driver war die Sample Rate auf 96 KHz eingestellt. Standardwert?
    Habe diese jetzt auf 192 KHz gestellt und jetzt erhalte ich auch deutlich bessere und klarere Aufnahmen mit dem NT1A.


    Viele Grüße,
    Karl

  • Das ist unbestritten: Je höher die Samplerate = Abtastrate, desto präziser natürlich die Aufnahme. Klar, in der selben Zeiteinheit wird - in diesem Fall - das Signal doppelt so oft abgetastet.


    Dass es speziell dadurch jedoch lauter wird - ich darf an diese Millimeter-Geschichte erinnern -, möchte ich ernsthaft infrage stellen.


    Meine Testaufnahmen erfolgten übrigens mit einer Abtastrate von 44,1 kHz.
    Die Focusrite Scarlett 2i2 kann mit maximal 96 kHz bei 24 Bit aufnehmen. Klappt "trotzdem", und zwar ausgezeichnet.


    Streng genommen reichen für Sprache 44,1 kHz / 16 Bit. Mehr geht natürlich immer, aber....


    Schöne Grüße an den Tontechniker.