Audacity kappt Dynamikspitzen bei 0,8 bzw. 80 %

    • Ich benutze Ubuntu 22.04. und Audacity 3.4.2 und habe damit eine LP digitalisiert.


      (Früher hatte ich mit einem anderen Windows-Programm meine LPs digitalisiert und mit Audacity nur manuell die Knackser und Kratzer beseitigt; manuell deshalb, weil die Ergebnisse um ein Vielfaches besser waren als die (wiederholte) Bereinigung mit entsprechenden Programmen.)


      Der Aufnahmepegel wurde mit 100 % angezeigt. Ausgesteuert habe ich die Aufnahmen mit den Ausschlägen der Anzeige derart, dass die senkrechten "Spitzenbalken" in der Anzeige kurz vor -3 dB endeten/verharrten.

      Nach Beenden der Aufnahme und anpassen des Projekts an die Fensterbreite zeigte sich, dass die Aufnahme in beiden Spuren oben und unten auf 80 Prozent begrenzt war. Nach Spreizung der Aufnahme, so dass die einzelnen Samples zu sehen waren, zeigte sich, dass die Spitzen der Kurven/ die Peaks geradlinig bei 0,8 abgeschnitten waren.

      Bei weiteren Versuchen mit bewusster Übersteuerung ließen sich die roten Balken nicht gegen 0 dB verschieben. Die Aufnahmen wurden wieder automatisch bei 0,8 abgeregelt.

      Wie kann ich erreichen, dass ich bei der Einstellung der Eingangslautstärke die volle Kontrolle über die Aufnahme habe (bis < 0 dB) und nicht die Aufnahmelautstärke bei 80 % automatisch gekappt wird?

      Alternativ: Gibt es in Audacity die Möglichkeit nach einer Testaufnahme von einer LP den maximalen Peak suchen zu lassen, um davon ausgehend, die Aussteuerung auf maximal -1,0 dB einzupegeln? Wie bei dem alten Windowsprogram zu XP-Zeiten.


  • Es ist nicht AUDACITY, das hier Deinen Pegel kappt, sondern wahrscheinlich der AD-Wandler. Der kann die Lautstärke nur bis zu einem gewissen Punkt verarbeiten. Darüber hinaus erzeugt er entweder Fehler oder kappt das Signal.


    Das heißt bei Dir: Irgendwo VOR dem AD-Wandler hebst Du die Lautstärke bereits zu stark an...


    Das Überfordern des AD-Wandlers hat zur Folge, dass die Spitzen abgeschnitten werden. Dies führt zu hörbaren Artefakten in den hohen Frequenzen. Ähnlich dem Effekt einer verzerrten E-Gitarre.


    Dabei ist es nun nicht mehr relevant, ob der AUDACITY Pegel 100% oder nur 80% beträgt. Die Aufnahme ist bereits verloren. Abgekappte Spitzen bleiben verzerrt, auch wenn die Aufnahme nachträglich z.b. auf 50% reduziert würde. Du hast dann gewissermaßen eine perfekt ausgesteuerte Aufnahme eines verzerrten Eingangssignals.

    Leider schreibst Du gar nix über die Hardware, die Du benutzt. Vielleicht kannst Du hier noch was nachreichen?



    Im Zeitalter der digitalen Aufnahme ist es nicht mehr nötig, das Signal bis an das Maximum auszureizen. Im Gegenteil, es ist sogar schädlich für den Sound.


    Das Signal Deines Plattenspielers kommt so wie es ist: Mit Sound und mit Störgeräuschen. Dieses Signal zu verstärken hieße ebenfalls die Störgeräusche mit zu verstärken.


    Auf dem Weg vom Plattenspieler zum AUDACITY ist alles bereits digital. Hier entstehen also keine Störgeräusche mehr. Also auch hier kein Grund die Lautstärke anzuheben.


    Das Überfordern des AD-Wandlers hat zur Folge, dass die Spitzen abgeschnitten werden. Dies führt zu hörbaren Artefakten in den hohen Frequenzen. Ähnlich dem Effekt einer verzerrten E-Gitarre.


    ALSO:


    Runter mit der Lautstärke!


    Bei einem 16bit AD-Wandler peilst Du bitte -10dB als durchschnittlichen Spitzenpegel an. (AUDACITY Spur nur ca. halb gefüllt) Damit hast du etwas Luft für noch höhere Spitzen. In der Qualität verlierst Du damit nur 1bit. Es bleiben also 14bit für die Aufnahme-Qualität... Halb so gut wie CD-Qualität. Das ist ein Kompromiss.


    Bei einem 24bit Wandler könntest Du -20dB oder auch -30dB anpeilen. (AUDACITY Spur nur ca. 1/8 gefüllt). So machen es die Profis. In der Qualität verlierst Du damit 3bit. Es bleiben also 20bit für die Aufnahme-Qualität... Das ist 32 mal so gut wie CD-Qualität.


    Abschließend korrigiert man nach der Aufnahme diesen Sicherheits-Headroom mit dem Effekt NORMALISIEREN. Er hebt den Pegel wieder auf -3dB an und damit auf die normierte Standard-CD-Lautstärke. Dabei sucht er selbständig nach der max. Spitze in der Aufnahme.


    Wie du siehst, gibt es gute Gründe bei Aufnahmen mit einem 24bit-Wandler zu arbeiten. Wer AUDIO herstellt oder weiterverarbeitet sollte immer mit einem besseren Equipment arbeiten, als der Endnutzer, der nur "anhört".

  • Erst mal : Heißen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort.


    Meine Audio-Hardware ist die interne Soundeinheit nach Bash-Eingabe cat /proc/asound/cards => HDA-Intel-PCH . Diese Auskunft wird durch die Audacity "Microfon"-Angabe mit "HDA Intel PCH: ALC887-VP Analog" erweitert.


    Nach der Installation von pavucontrol konnte ich nunmehr nicht nur das gesamte Spektrum unbeschnitten kontrollieren, sondern, wie erwünscht, auch Streams über den VLC-Medien Player kontrollieren und aufnehmen, wobei ich vorher keinen Zugriff auf die Soundeinheit/ keinen Sound des Streams im Audacity hatte.


    Nochmals: Herzlichen Dank

    LEW